Mitgliederversammlung am Samstag, den 18. Januar 2025 um 11 Uhr

Antrag: Teilnahme an Sonderausstellung zur Sportgeschichte der Stadt Erfurt mit einem Budget von 4.000 €

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Antragsteller: Dr. Steffen Raßloff und Dr. Michael Kummer


Fristgerechter Antrag nach § 12 Ziffer (5) der Satzung zur Mitgliederversammlung des FC Rot-Weiß Erfurt e.V. am 18.01.2025

Wir beantragen, unter Tagesordnungspunkt 20: Behandlung von Anträgen der Mitglieder den nachfolgenden Antrag zur Abstimmung zu stellen.

Wortlaut des Antrags:
"Der Vorstand des FC Rot-Weiß Erfurt e.V. wird von der Mitgliederversammlung als dem obersten Organ des Vereins dazu aufgefordert, die für das Jahr 2026 avisierte Sonderausstellung zur Sportgeschichte der Stadt Erfurt (und hier v.a. des FC Rot-Weiß Erfurt) im Geschäftsjahr 2025/26 mit einem Budget für Öffentlichkeitsarbeit, Begleitveranstaltungen und den Erwerb von zentralen Vereins-Devotionalien in Höhe von mindestens 4.000 EURO aus den Mitgliedsbeiträgen auszustatten. Der Vorstand soll über die Verwendung des Mindestbetrags den Vereinsmitgliedern zur nächsten Mitgliederversammlung Rechenschaft ablegen."

Begründung:
Federführend durch die Vereinsmitglieder Dr. Steffen Raßloff und Dr. Michael Kummer und in Verbindung mit Hardy Eidam, Oberkurator des Erfurter Stadtmuseums, wird seit Monaten die Sonderausstellung „Sportstadt Erfurt“ im Erfurter Stadtmuseum inhaltlich geplant. In dieser Sonderausstellung soll der FC RWE aus Anlass seines 60. Jubiläums 2026 eine herausragende Darstellung und Präsentation bekommen (siehe hierzu auch das angehängte Exposee).

Für den FC Rot-Weiß Erfurt ist das eine große und auf längere Sicht wohl einmalige Chance, sein durch die Insolvenz angekratztes Image sowohl in der Erfurter Bürgerschaft als auch weit über die Stadtgrenzen hinaus zu verbessern. Über mehrere Monate hinweg, in denen die Sonderausstellung gezeigt werden soll, kann RWE im Stadtbild deutlich präsenter sein als aktuell – nicht zuletzt durch diverse noch zu planende Veranstaltungen, die rund um diese Ausstellung stattfinden sollen.

Der Vorstand des FC Rot-Weiß Erfurt ist darüber informiert und hat dazu im April 2024 die Einrichtung einer unterstützenden Arbeitsgruppe beschlossen.

Um diese Ausstellung öffentlichkeitswirksam und mit Veranstaltungen zu begleiten und um verschiedene zentrale Devotionalien aus seiner Geschichte wieder in den Verein zurückzuholen, ist dieses Budget der absolute Mindestbetrag, der aufzubringen ist. Finanziell ist es für den Verein leistbar, denn in der aktuellen Saison würden diese 4.000 Euro einem Anteil von lediglich 2,3 % an den Mitgliedereinnahmen oder nur 0,6 % am Gesamtbudget entsprechen. Aufgrund steigender Mitgliederzahlen und damit steigender Einnahmen ist sogar ein geringerer Anteil in der kommenden Saison zu erwarten.

gez.
Dr. Steffen Raßloff und Dr. Michael Kummer


Anhang Exposee

Sportstadt Erfurt

Das Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“ plant für 2026 eine große Sonderausstellung zu dem bedeutsamen, aber bisher eher stiefmütterlich behandelten Thema der Stadtgeschichte.

Der Sport in seinen vielfältigen Formen von spielerischer, in Regeln gegossener Freude an Bewegung bis hin zum streng ritualisierten Wettbewerb ist eine der antiken Wurzeln, aus denen Europa seine kulturelle Identität schöpft. In den modernen Industriegesellschaften des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts wird Sport zum Massenphänomen, Identitätsstifter und potenziellen Quell von Gesundheits- und Reformbewegungen, die politische Relevanz erhalten. Dabei ist sein Zentrum in den wachsenden Großstädten zu verorten.

Das Stadtmuseum Erfurt macht es sich daher mit kompetenten Partnern zur Aufgabe, diesem traditionsreichen Massenphänomen der Moderne eine große Sonderausstellung zu widmen. Ausgehend von den ersten Sportvereinen im Bürger- und Arbeitermilieu wird eine Brücke geschlagen bis zu einem der Zentren der Sport-Weltmacht DDR und den Erfolgen auch nach 1990. Erfurts Schwimmer, Läufer, Radfahrer und Eisschnellläufer gelangten als „Botschafter im Trainingsanzug“ auf den sportlichen Olymp. Seit den 1950er-Jahren bildete der SC Turbine Erfurt ein Rückgrat des aufwändig geförderten Leistungssports. Aber auch nach 1990 gelangen große Erfolge. Verkörperung der Sportstadt von Weltformat sind die Spitzenathleten mit ihren Erfolgen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, allen voran Schwimmer Roland Matthes und Schwimmerin Birte Weigang, Geher Hartwig Gauder und 400-MeterLäuferin Sabine Busch, Mittelstreckler Nils Schumann, Bahnradsportler Daniel Becke, René Wolff und Kristina Vogel und Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann.

Der Erfurter Sport weist natürlich auch Traditionen auf, die vor 1945 zurückreichen. So gilt die Radrennbahn im Andreasried mit ihrer Einweihung 1899 als die älteste noch betriebene in Deutschland. Die dortigen Steherrennen genießen bis heute große Popularität. Zugleich ging der DDR-Leistungssport mit weniger medaillenträchtigen Disziplinen bisweilen rabiat um. So sahen sich die Eishockey-Cracks des SC Turbine 1970 mit der Entscheidung konfrontiert, dass die Oberliga bis auf die Mannschaften in Berlin und Weißwasser aufgelöst und das Erfurter Eisstadion in den Folgejahren abgerissen wurde. Nach 1990 knüpfte der ESC mit dem Team der Black Dragons an diese Tradition an und spielt seitdem in der ursprünglich für den Eiskunstlauf erbauten „Kartoffelhalle“.

Die Sonderausstellung wird das in der DDR staatlich verordnete und auch in Erfurt beim SC Turbine und FC Rot-Weiß praktizierte Doping benennen und exemplarisch beleuchten. Trotz dieser Schattenseiten des DDR-Leistungssports schwingt in der Erinnerung bei vielen Erfurtern jedoch vor allem Stolz mit. Einige Sportler sorgten zudem auch nach 1990 für herausragende Ergebnisse. Dies wiederum war eine Voraussetzung für die Modernisierung der Infrastruktur, wie den Bau der Leichtathletikhalle 1994 und der Eislaufhalle 2001 und der Rekonstruktion der Radrennbahn 2008. Mit dem Umbau des 1927-31 durch die Stadt Erfurt errichteten Steigerwaldstadions zur Multifunktionsarena erhielt das Leistungssportzentrum 2016 sein modernes Herzstück. Einige dieser Sportstätten tragen die Namen verdienter Athleten, wie die Roland-Matthes-Schwimmhalle, die Gunda-Niemann-Stirnemann-Eislaufhalle und Hartwig-Gauder-Leichtathletikhalle.

Auch der Erfurter Fußball blickt auf eine lange Tradition zurück. Die Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt datieren bis zum 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in Sportclub Erfurt 1895 umbenannt, entwickelte sich dieser zu einem der erfolgreichsten Fußballclubs der Region und war im Januar 1900 einer der Mitbegründer des DFB. Ein tiefer Einschnitt war die Auflösung aller Sportvereine in der Sowjetischen Besatzungszone 1945. Die Tradition des SCE ging über mehrere Zwischenschritte 1951 auf die BSG Turbine Erfurt über, die sich im nationalen Spitzenfeld etablierte und in diesem Jahr Vizemeister wurde. 1954 gewann Turbine sogar die Meisterschaft in der DDR-Oberliga. Die Spielernamen haben noch immer einen guten Klang: Helmut Nordhaus, Siegfried Vollrath, Eduard „Eddi“ Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Ein Jahr später gelang dem jetzigen SC Turbine noch einmal die Titelverteidigung. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, dem heutigen Steigerwaldstadion, verfolgten bis zu 50.000 Zuschauer die Spiele der blauweißen Turbine-Kicker.

An diese großen Erfolge konnte man später nicht mehr anknüpfen. Am 26. Januar 1966 wurde als Folge eines Beschlusses der DDR-Sportführung aus Turbine der FC Rot-Weiß Erfurt. Trotz der privilegierten Einstufung als Fußballclub blieb man im Schatten der besonders geförderten Clubs in Berlin, Dresden, Jena, Magdeburg und Leipzig. Auch die mit Offensivfußball begeisternde Mannschaft der 1980er-Jahre um das Sturmtrio Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt und zeitweise unter Trainerlegende Hans Meyer, die immerhin noch bis zu 30.000 Zuschauer ins Stadion lockte, verfehlte stets ihr Ziel Europapokalteilnahme. Immerhin erreichte man nach 1950 noch einmal das FDGB-Pokalfinale, das jedoch am 17. Mai 1980 gegen den Thüringer Hauptrivalen FC Carl Zeiss Jena mit 1:3 nach Verlängerung verloren ging.

Nach 1990 ging es für RWE wie für viele Traditionsclubs im Osten bergab. Zwar konnte man sich 1991 für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber sofort wieder ab. Der 13. August 1991 bildet einen der Tiefpunkte. Der spätere Erfolgstrainer Jürgen Klopp erzielte beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt vier Tore. So konnte man sich auch nicht wirklich über die erste und bisher einzige Teilnahme am UEFA-Pokal 1991 freuen (1:0/1:0 gegen FC Groningen, 1:2/0:3 gegen Ajax Amsterdam). Dem erneuten Aufstieg von Rot-Weiß in die 2. Bundesliga durch die Elf um „Fußballgott“ Ronny Hebestreit 2004 folgte wiederum umgehend der Abstieg. Nach vielem auf und ab bis hinunter in die fünftklassige Oberliga in Folge einer Insolvenz spielt RWE heute in der Regionalliga. Das aktuelle Fassungsvermögen des Stadions von 18.500 Zuschauern wird zwar nur selten ausgenutzt, die Zuschauerzahlen sind dennoch beeindruckend und mit die höchsten im viertklassigen Fußball.

Die Ausstellung folgt dieser Entwicklung aus Anlass des 60. Gründungsjubiläums des FC Rot-Weiß Erfurt, wobei über „König Fußball“ hinaus die gesamte Erfurter Sportgeschichte inklusive der Sportarten Radsport, Schwimmen, Leichtathletik und Eisschnelllauf in den Blick genommen wird. Hierzu dienen größtenteils erstmalig öffentlich gezeigte Exponate des 19. bis 21. Jahrhunderts, die mittlerweile zu Ikonen geworden sind. Multimedial werden die großen Momente und die damit verbundenen Persönlichkeiten der Erfurter Sportgeschichte den Besuchern vor Augen geführt. Ein umfangreiches Vortrags- und Begleitprogramm mit „Lebenden Legenden“ vervollständigt den Blick auf ein bisher stiefmütterlich behandeltes, aber so zentrales Kapitel der Stadtgeschichte.

Hardy Eidam/Dr. Steffen Raßloff/Dr. Michael Kummer

01.10.2024